Haben Sie die US-amerikanische Filmkomödie „Und täglich grüßt das Murmeltier“ gesehen? Bill Murray spielt darin den zynischen und egozentrischen Wetterreporter Phil Connors, der in einer Zeitschleife gefangen ist und einen bestimmten Tag immer und immer wieder aufs Neue erlebt. Connors kann sogar in das tägliche Geschehen eingreifen, seine Veränderungen lösen sich allerdings bis zum nächsten Morgen buchstäblich in Luft auf. Der Film wurde Anfang der 1990er Jahre gedreht. Damals konnte niemand ahnen, was sich rund 30 Jahre später auf der Welt abspielen würde. Die Menschheit steckt heute irgendwie auch in einer Zeitschleife fest. In Europa geben sich vielerorts Lockerungen und Beschränkungen die Klinke in die Hand. „Und täglich grüßt das Coronavirus“, würde Wetterreporter Phil Connors in seiner zynischen Art heute wahrscheinlich dazu sagen.

Noch Mitte Oktober zeichnete sich ein ganz anderes Bild: Die FESPA öffnete in Amsterdam nach längerer Abstinenz ihre Tore. Der überwiegenden Mehrheit auf Aussteller- und Besucherseite war spürbar anzumerken, wie groß die Freude über die ermöglichten persönlichen Kontakte war. Die Messe fand unter 3G-Auflagen und mit entsprechendem Hygienekonzept statt. Mich persönlich beschlich trotzdem ein mulmiges Gefühl, als ich zwischen mehreren Tausend maskenlosen Besuchern durch die Gänge schlenderte.

Heute ein komplett anderes Bild. In den Niederlanden ist die Bevölkerung wieder am Anfang der Zeitschleife angekommen. Auch hierzulande wurde begonnen, das Leben mehr und mehr zu beschränken, weil die Restriktionen durch mangelnde Impfbereitschaft und einen Zickzack-Kurs von alter und neuer Bundesregierung notwendig geworden sind. Die Inzidenzen sind regelrecht in die Höhe geschossen, für den Januar geplante Branchenmessen sind bereits abgesagt oder mussten verlegt werden. Jüngstes Opfer ist die PSI, die nun Ende April stattfinden soll. Schon wenige Wochen vorher war die geplante Premiere der CTCO Deutschland abgesagt worden. Aus der Zeitschleife heraus helfen jetzt wahrscheinlich nur so viele Impfungen wie möglich.

Eine Normalisierung wäre für die Branche überlebenswichtig, denn sie kämpft derzeit gleich an mehreren Fronten: Neben den eigenen Herausforderungen sind fast alle Hersteller gezwungen, Kostensteigerungen bei Rohstoffen, Energie und Transport an ihre Kunden weiterzugeben. Bleibt zu hoffen, dass sich die Lage auf dem Weltmarkt, von dem hierzulande am Ende fast alles abhängt, so schnell wie möglich normalisieren wird.

Einen kleinen Lichtblick gibt es aus heutiger Sicht immerhin im Frühjahr. Es besteht die Hoffnung, dass sich die Branche spätestens Ende März wieder persönlich treffen und austauschen kann. Mit der TecStyle Visions findet in Stuttgart die wohl wichtigste Fachmesse für Textilveredler im deutschsprachigen Raum statt. Die Veranstaltung war Ende Januar 2020 die letzte Messe ihrer Art vor dem ersten Corona-Lockdown in Deutschland. Es wäre schon fast wie in einem Drehbuch, wenn das Branchen-Highlight – egal ob mit oder ohne Maskenpflicht – Ende März 2022 das Post-Coronapandemie-Zeitalter im deutschsprachigen Raum einläuten würde.

Bis dahin gilt auch weiterhin, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern lieber die Zeit sinnvoll zu nutzen, um das eigene Geschäft noch zukunftsfähiger zu machen. Denn: Wie Phil Connors eines Tages aus der Zeitschleife erwacht, wird es hoffentlich auch mit der Coronapandemie irgendwann vorbei sein.

Ich wünsche Ihnen alles Gute! Bleiben Sie vor allem gesund!

Ihr Andreas Farnung (Chefredakteur)

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