Seaqual sammelt weltweit den Plastik- Beifang aus Meeren, Flüssen und Mündungen sowie Plastikabfall von den Küsten – der Rohstoff für neue Produkte. (Foto: Seaqual)

In vielen Ländern dieser Welt errechnen Umweltexperten einen jährlichen Termin, an dem die Menschheit aufgebraucht hat, was die Natur bis Ende des Jahres zur Verfügung stellt. Der so genannte „Earth Overshoot Day“ fiel im vergangenen Jahr auf den 29. Juli, für 2022 steht der Termin noch nicht fest. Der „Earth Overshoot Day“ für Deutschland war nach Angaben des Global Footprint Network bereits am 4. Mai 2022. Seither verbrauchen wir allein hierzulande natürliche Ressourcen, die rein rechnerisch bis Ende des Jahres nicht mehr nachwachsen können.

Theoretisch weiß die Menschheit, dass eine radikale Umkehr unseres Wirtschaftssystem erforderlich ist, um die Erde zu retten. Doch praktisch laufen wir der Entwicklung meilenweit hinterher. Aber nein, dieser Beitrag soll keine negative Berichterstattung liefern. Die gute Nachricht ist, dass es mehr als genug positive Ansätze in der Textilwelt gibt, aus vorhandenen Wertstoffen neue Produkte zu machen. „Gebraucht, wiederverwertet und aufbereitet“ ist das neue „Neu“! Dieser Beitrag zeigt Beispiele, wie nachhaltige Produkte von morgen schon heute entwickelt werden.

Meeresplastik: Rohstoff für Arbeitskleidung

Die klassischen Wirtschaftssysteme der Industrienationen beruhen auf Wachstum und Gewinnmaximierung. Die Investition eines Euros muss zwei Euro zurück in die Kasse spülen. Auch der Kölner Bekleidungshersteller Kaya&Kato erwirtschaftet Gewinne, doch sind Gewinnmaximierung und Expansion nicht die ausschließlichen Unternehmensziele. Kaya&Kato stellt Workwear für Gastro und Hotel, Medizin und Pflege sowie Arbeit und Freizeit in europäischen Produktionsstätten her. Dabei will der Hersteller für seine Kunden die bestmöglichen Produkte herstellen, die langlebig sind und in der Herstellung möglichst wenig natürliche Ressourcen verbrauchen. Mit der Geschäftstätigkeit von Kaya&Kato soll kein Schaden angerichtet werden, vielmehr will das Unternehmen in Ökologie und Sozialem immer besser sein als bestehende Marktlösungen.

Die „Meeresaufräumer-Initiative“ Seaqual

Ein Ansatz ist die „Clean Ocean“-Kollektion. Der Name ist Programm, denn die Kollektion trägt dazu bei, die Meere von Plastik zu säubern und diesen Wertstoff sinnvoll als Rohstoff in der Kleidungsherstellung einzusetzen. Dabei kooperiert Kaya&Kato mit der spanischen Initiative Seaqual. Gemeinsam mit Fischern und Seeleuten sammelt Seaqual weltweit den Plastik-Beifang aus Meeren, Flüssen und Mündungen sowie Plastikabfall von den Küsten. Das verwertbare Plastik wird sortiert, gereinigt und recycelt. Als aufbereitetes Plastikgranulat dient es als Rohstoff für neue Polyester- Produkte. „Da das Meeresplastik für sich allein genommen zu porös ist, kann es in unseren Produkten der ‚Clean Ocean‘-Kollektion immer nur anteilig verwendet werden. Der Großteil unserer ‚Clean Ocean‘-Kleidungsstücke beTextilherstelsteht zu 25 Prozent aus Seaqual- Material, 40 Prozent aus recyceltem Polyester, etwa aus PET-Flaschen, sowie zu 35 Prozent aus GOTS-zertifizierter Baumwolle“, erklärt Ann-Kathrin Overath. Sie ist bei Kaya&Kato für das Nachhaltigkeitsmanagement zuständig. Die Mischgewebe sind allesamt industriewaschbeständig und besonders strapazierfähig. Sowohl das Meeresplastik als auch das „normale“ Recyclingmaterial sind nach dem Global Recycled Standard (GRS, dazu mehr auf Seite 37) zertifiziert. Overath: „Das GRSSiegel hat bei uns eine große Bedeutung, denn es gibt die Sicherheit, dass alle Partner und Lieferanten in der Lieferkette gemäß des Global Recycled Standard zertifiziert sind. Sobald ein Partner sein Siegel verliert, werden alle GRS-Zertifikate ungültig.“ Eine große Sicherheit bietet GRS bei Kaya&Kato auch, weil es nach den Worten von Ann-Kathrin Overath stets mit Schadstoffprüfungen durch Oeko-Tex 100 kombiniert wird und somit die Hautverträglichkeit sichergestellt ist. Mit dem Metasiegel „Grüner Knopf“, den jährlichen Auditierungen der GOTS- und GRS-Zertifikate entlang der gesamten Lieferkette sowie regelmäßigen, persönlichen Besuchen dokumentiert Kaya&Kato außerdem die fairen Produktionsbedingungen bei seinen europäischen Produktionspartnern. Als registrierter Seaqual- Partner trägt Kaya&Kato einen Teil dazu bei, die Meere zu säubern und verwertbares Material weiter zu nutzen. Zukünftig will das Unternehmen aber noch viel stärker auf Kreislaufwirtschaft setzen. „Wir etablieren die Kreislaufwirtschaft derzeit in unserem Produktbereich. Dabei entwickeln wir Konzepte, wie wir alte Kleidung zukünftig zurücknehmen können und mittels Up-, Re- oder auch Downcycling sinnvoll weiterverwerten können“, erklärt Overath. Alte Produkte gibt es dann nicht mehr. kaya-kato.de www.seaqual.org

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